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Bücher lesen heißt, wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne.
-
Jean Paul

Freitag, 4. Oktober 2013

Elisabeth Büchle - Sturmwolken am Horizont

Kurzbeschreibung:
"St. Petersburg im Juli 1914: Anki van Campen hat sich in den jungen Arzt Robert Busch verliebt. Doch ihre zarte Romanze wird vom Beginn des Ersten Weltkriegs überschattet. In Berlin werden unterdessen die Lebensmittel knapp, die jüngeren Meindorff-Männer sind an der Front, der alte Patriarch krank. Demy van Campen versucht, gemeinsam mit den Angestellten den Haushalt zusammenzuhalten. Bald beginnt sie, heimatlose Kinder und andere Kriegsopfer aufzunehmen. Noch glauben alle, der Krieg sei bis Weihnachten vorbei. Doch das soll sich als bitterer Irrtum erweisen..."

Fazit:
"Sturmwolken am Horizont" ist der zweite Teil der Meindorff-Saga von Elisabeth Büchle. Nachdem mir der Beginn der Trilogie, "Himmel über fremdem Land" schon so gut gefallen hatte, habe ich natürlich freudig dem Erscheinungstermin der Fortsetzung entgegen geblickt.

Bei vielen Trilogien, und ich habe schon einige gelesen, ist der erste Teil wirklich fesselnd und mitreißend und ab dem zweiten Teil geht es stetig bergab.
Dies braucht der Leser bei "Sturmwolken am Horizont" wahrlich nicht zu befürchten.

Im ersten Teil lernte der Leser die einzelnen Charaktere und ihr Zusammentreffen erst kennen, in der Fortsetzung geht die Charakterisierung vieler Protagonisten mehr in die Tiefe, sodass man beim Lesen das Gefühl bekommt, die Person noch besser kennenzulernen. Vielschichtige Charakterisierungen finde ich immer sehr faszinierend und dieses beherrscht die Autorin scheinbar mühehlos, denn jede Person ist bis ins Detail "gezeichnet", sodass man meint, einem alten Bekannten zu begegnen, mit dem man schon eine Menge gemeinsam erlebt hat.

Lag der Schwerpunkt des ersten Teils in Berlin bei Demy van Campen, verlagert er sich in "Sturmwolken am Horizont" nach St. Petersburg zu Anki, die als Njanja = Kindermädchen bei der adligen Familie Chabenski arbeitet und hautnah die Auswirkungen des Krieges, aber auch die gesellschaftlichen Umwälzungen in Russland miterlebt.
Dennoch erfahren wir aber auch, wie es mit Demy in Berlin weitergeht und wer Demy kennt, weiß, da ist Trubel vorprogrammiert! Ebenso begleiten wir mehr oder weniger das Leben all der liebgewordenen Charaktere, wo auch immer es sie in dieser Zeit hinführt.

Neben dem Händchen für Charakterisierungen, was ich ja bereits oben erwähnte, hat mich, wie auch schon im ersten Teil, die genaue Recherche beeindruckt und die Umsetzung der damaligen Geschehnisse in der Handlung, die derart greifbar und lebensecht vor dem inneren Auge abläuft, dass man den Eindruck hat, selbst im Winter durch St. Petersburg zu laufen oder in den Gefechtsgräben in Frankreich zu liegen. Dies führt mitunter allerdings auch dazu, dass einem bei den Gräueln des Krieges eine Schaudern überläuft.

Die kurzen Kapitel und die Perspektivwechsel sorgen zusätzlich dafür, dass keine Langeweile aufkommt, auch wenn man an manchem Kapitelende denkt "Mist! Jetzt muss es zu Ende sein, ich möchte doch wissen, wie es weiter geht!" Dieser Gedanke allerdings hat sich auch nach der letzten Seite manifestiert und ich freue mich schon jetzt auf den dritten und letzten Teil, der im kommenden Frühjahr erscheinen wird.

Eine berührende, mitreißende, teilweise aber auch aufwühlende Familiensaga, die sich wahrlich nicht hinter Ihresgleichen zu verstecken braucht.

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