Bücher

Bücher lesen heißt, wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne.
-
Jean Paul

Montag, 28. Oktober 2013

Ursula Poznanski - Die Verschworenen

Kurzbeschreibung:
"In der Stadt unter der Stadt finden Ria und ihre Freunde Zuflucht, doch bald zeigt sich, dass auch hier ein Überleben nicht garantiert ist. Während Aureljo seine Rückkehr in die Sphären vorbereitet, sucht Ria nach "Jordans Chronik" und findet Fragmente, die sie nicht zur Gänze deuten kann. Als buchstäblicher Lichtblick erweist sich in dieser Zeit ihre Freunschaft zu Sandor, mit dem sie immer wieder kurze Ausflüge an die Oberfläche unternimmt. Doch dann wird Sandor Clanfürst und mit einem Schlag ist alles anders. Ria sieht sich gezwungen, eine Entscheidung zu treffen, die sie ihr Leben kosten könnte."

Fazit:
"Die Verschworenen" ist der zweite Teil von Ursula Poznanskis dystopischer Trilogie um Ria, Aureljo und die anderen ehemaligen Sphärenbewohner.
Zum Verständnis dieses zweiten Teils sollte man auf jeden Fall den vorhergehenden, "Die Verratenen" gelesen haben, da sich die Geschichte nahtlos fortsetzt.

Die Gruppe um Ria und Aureljo hat sich in zwei Lager gespalten: Aureljo und Dantorian wollen sich in eine der Sphären einschmuggeln, um dem Geheimnis um die angebliche Verschwörung auf die Spur zu kommen; Ria, Tomma und Tycho hingegen finden diesen Plan zu riskant. Aber wissen, was oder wer hinter der ganzen Sache steckt, will auch Ria - so macht sie sich auf die Suche nach "Jordans Chronik", die, warum auch immer, eine ausschlaggebende Rolle zu spielen scheint.

Bereits nach wenigen Seiten ist man wieder mitten in Rias Geschichte eingetaucht und alles, was man vor einem Jahr im ersten Teil gelesen hat, ist wieder gegenwärtig.
Der Lesefluss ist ebenso gut wie bei "Die Verratenen", im Mittelteil hätte man meines Erachtens nach die Handlung etwas straffen können - zwar kommt keine wirkliche Langeweile auf, aber eine ganze Zeitlang passiert nicht viel. Man sollte aber nicht aus den Augen verlieren, dass es sich um ein Jugendbuch handelt.

Am Ende dieses Buches erfährt der Leser, so wie auch Ria, die Hintergründe der Verschwörung und ich muss sagen - dieses Überraschungsmoment wusste Ursula Poznanski trefflich zu nutzen, denn zum einen hätte ich mit diesen Hintergründen nicht gerechnet und zum anderen lässt es auch im Nachhinein einige Handlungen und Personen in vollkommen neuem Licht erscheinen - das war wirklich eine explosive Enthüllung!

Ein gelungener zweiter Teil, der zum Schluss viel Potential für die Fortsetzung lässt.

Jörg Benne - das Schicksal der Paladine, verschollen

Kurzbeschreibung:
"Der junge Tristan muss durch ein Weltentor von der Erde in die fremde Welt Nuareth aufbrechen, um seinen Vater zu finden. Der wacht dort als mächtiger Paladin über Recht und Ordnung, ist aber mit seinen Gefährten seit einiger Zeit spurlos verschwunden. Die Zeit drängt, denn Tristans Schwester liegt nach einem Unfall im Koma. Nur ein erfahrener Paladin kann sie vielleicht noch retten."

Fazit:
"Das Schicksal der Paladine - verschollen" ist der erste Teil der Reihe. Der Nachfolger "Das Schicksal der Paladine - gejagt" ist Anfang Oktober ebenfalls im Koios - Verlag erschienen.

Tristan erfährt völlig unvorbereitet, dass sein Vater nicht wirklich auf einer Bohrinsel arbeitet, wie ihm und seiner Schwester immer erzählt wurde. Nein, sein Vater ist ein Paladin in Nuareth, ein Wächter in einer anderen Welt - Tristan fühlt sich wie in einem Computerspiel: andere Welt, Paladine, so etwas gibt es doch nicht wirklich! Doch da sein Vater die einzige Rettung für seine im Koma liegende Schwester ist, macht sich Tristan auf in diese ihm vollkommen fremde Welt.

Bereits nach wenigen Seiten hatte mich die Handlung vollkommen im Griff - zusammen mit Tristan erfahren wir, was es mit der Welt Nuareth und den Paladinen auf sich hat und machen uns auf in diese neue Welt: furchterregende Kreaturen leben dort: Oger, Wolfsmenschen, Vogelmenschen und natürlich auch normale Menschen, aber die Technik ist auf dem Stand des Mittelalters stehengeblieben. Viele Gefahren erwarten Tristan, aber auch neue Freunde und Erfahrungen - so verfügen die Paladine über magische Fähigkeiten, mit denen Tristan erst umzugehen lernen muss.

Jörg Benne versteht es, den Leser zu fesseln und sehr bildhaft mitzunehmen in die Welt der Paladine, Oger und Wolfsmenschen. Die Hauptcharaktere sind so real gezeichnet, dass man glaubt, mit Tristan, den Paladjur und den übriggebliebenen Paladinen auf der Suche nach den Verschwundenen zu sein - immer wieder gibt es unerwartete Wendungen und Gefahren, die die Handlung spannend halten und so fliegen die Seiten nur so dahin - keine Frage, dass ich auf jeden Fall den Nachfolgeteil lesen muss, zumal am Ende von Teil Eins noch einige Fragen offen bleiben.

Ich danke BloggDeinBuch und dem Koios - Verlag für dieses tolle Buch, das bei mir ganz klar zu den Überraschungsbüchern meines Lesejahres zählt!

Wer auch mehr über die Welt der Paladine erfahren will, kann dies hier tun: Das Schicksal der Paladine - verschollen

Freitag, 25. Oktober 2013

Lisa van Allen - Die Wünsche meiner Schwestern

Kurzbeschreibung:
"Seit langer Zeit hüten die Frauen der Van Kippers das Geheimnis der Magie - und die liegt im Stricken: Sie haben die Gabe, Wünsche wahr werden zu lassen, indem sie diese mit Wolle verweben. Nur gemeinsam können die drei Schwestern Aubrey, Bitty und Meggie diese Familientradition bewahren, aber allein Aubrey ist gewillt. Und auch sie beginnt zu zweifeln, als sie sich in Vic verliebt. Doch welche Wünsche machen uns glücklich, wenn sie sich erfüllen?"

Fazit:
Dieses Buch lebt nicht von seiner Handlung, denn die wäre in drei Sätzen erzählt.
Vielmehr als ein Roman ist es eine Charakterstudie, ein Buch über Zusammengehörigkeit und Familie.

Nach Jahren kommen die Schwestern Aubrey, Bitty und Meggie in der "Strickerei", dem Haus, in dem sie bei ihrer Tante Mariah groß geworden sind, wieder zusammen, denn eben jene Tante ist gestorben. Bitty und Meggie haben ihr Leben weitab von der Strickerei und ihrem Geheimnis geführt, während Aubrey ihr treu geblieben ist.

Was mir zuerst positiv auffiel, war die wunderschöne Sprache, in der dieses Buch verfasst ist - leicht zu lesen, aber immer mit einem weichen, schönen Beiklang der geschriebenen Sprache, so wie sie sein sollte - ob das das Vermögen der Autorin oder der Übersetzerin oder das beider ist, mag ich nicht beurteilen - der Leser fühlt sich aber immer von einer wohligen, gemütlichen Umgebung umfangen.

Herausstechend bei "Die Wünsche meiner Schwestern" sind die wunderbar treffsicheren und tiefgehenden Charakterisierungen der drei Schwestern - so unterschiedlich sie sind, so sind sie doch immer aneinander gebunden, ob ihnen das bewusst ist oder nicht.
Der Magieanteil, immer ganz nah an der Realität, lässt beim Lesen mitunter träumen, ob so etwas nicht doch wirklich möglich wäre.....Wünsche, die wahr werden, weil sie in die Maschen gestrickt werden.

Für Leser, die viel Handlung und Aktion benötigen, um ein Buch genießen zu können, ist "Die Wünsche meiner Schwestern" sicher nicht geeignet, wer sich aber wirklich in eine Geschichte fallen lassen kann, dem sei dieses Buch gerade in der nun kälteren Jahreszeit ans Herz gelegt, da es eben dieses zu wärmen vermag.
Das Wortspiel kann ich euch natürlich nicht ersparen: Es ist einfach ein bestrickendes Buch.

Sonntag, 20. Oktober 2013

RaeAnne Thayne - Zauber der Hoffnung (Hope's Crossing 1)

Kurzbeschreibung:
"Für die Liebe hat Claire keine Zeit. Ihr Glasperlenladen und ihre beiden Kinder halten die Single-Mom schon genug auf Trab. Energisch wehrt sie die Flirtvesuche von Riley McKnight ab. Auch wenn ihr der kleine Bruder ihrer besten Freundin, der kürzlich als Polizeichef nach Hope's Crossing zurückgekehrt ist, überraschenderweise nicht mehr aus dem Kopf geht. Doch erst als ein schwerer Unfall Claire zum Innehalten zwingt, erkennt sie, dass sich die Dinge in ihrem Leben ändern müssen. Widerstrebend erlaubt sie Riley, sich um sie zu kümmern. Und bald kann auch sie das Knistern zwischen ihnen nicht mehr ignorieren..."

Fazit:
Ich habe einige Rezensionen zu diesem Buch gelesen, in denen ein (positiver) Vergleich zu Nora Roberts gezogen wurde. Mit einer entsprechenden Erwartungshaltung bin ich an das Buch gegangen und im Nachhinein gehe ich davon aus, dass es diese Erwartungshaltung war, die mich von dem Buch doch enttäuscht sein lässt.

Was habe ich erwartet? Eine nette, mitreißende Liebesgeschichte, mit Irrungen und Wirrungen, mit netten Charakteren, die aber auch ihre Ecken, Kanten und Vergangenheiten haben.
All dies wäre auch bei "Zauber der Hoffnung" durchaus da gewesen - hätte die Autorin es ein bißchen besser ausgebaut! Riley, unser gutaussehender, gefährlicher männlicher Hauptprotagonist hat jahrelang als Undercoveragent gearbeitet - bei Überschreitung des Ortsschildes "Hope's Crossing" hat er sich vom gefährlichen Panther aber wohl direkt in ein Schosshündchen verwandelt, denn ab dem Moment ist er nur noch lieb, nett und zuvorkommend. Natürlich ist daran nichts auszusetzen, aber so richtig charismatisch ist das auch nicht.
Und Claire, der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, wirkt unglaublich naiv. Unglaublich in Hinblick darauf, dass sie Mitte 30, Mutter zweier Kinder und erfolgreiche Geschäftsfrau ist, eine Scheidung hinter sich hat, aber laufend mit ihrem Ex-Mann und dessen neuer, natürlich jüngerer, Frau konfrontiert wird.

Viele Liebesromane laufen nach einem ähnlichen Schema ab: sie sehen sich, sie lieben sich, sie verleugnen es, sie nähern sich an, sie streiten sich und letzten Endes kriegen sie sich. Daran ist nichts schlechtes, Verlässlichkeit hat auch ihre guten Seiten und ich persönlich verlasse mich auch durchaus aufs anstehende Happy End bei Liebesromanen! Ich wäre enttäuscht, wenn es anders käme. Allerdings kommt es auch immer darauf an, wieviel Raum welcher Phase in der Handlung gegeben wird und das fand ich hier ziemlich unausgeglichen - das halbe Buch schleichen die beiden einfach umeinander herum, ohne dass sonst irgendetwas passiert - also nicht nur zwischen den beiden, es passiert einfach über weite Strecken überhaupt rein gar nichts an Handlung! Das kann auf Dauer recht enervierend sein und ich danke Ruth, Claires überaus anstrengender Mutter, die dann wenigstens wieder ein bißchen Leben ins Buch gebracht hat!

Als durchaus störend habe ich die regelmäßig auftauchenden Rechtschreibfehler empfunden, teilweise waren Worte im Satz verdreht oder fehlten ganz - da erwarte ich von einem Verlagsbuch doch mehr Sorgfalt.

Alles in allem hat die Autorin in meinen Augen das Potential nicht ausgeschöpft, das durchaus vorhanden gewesen wäre und so haben wir einen seichten Unterhaltungsroman ohne jegliche Gefahr von Tiefgang.

Wer Hope's Crossing dennoch kennenlernen mag, findet beim  Mira Taschenbuch - Verlag nähere Infos zum Buch: Zauber der Hoffnung.
Vielen Dank an BloggDeinBuch und dem Mira Taschenbuch-Verlag.

Samstag, 19. Oktober 2013

Atze Schröder - und dann kam Ute

Kurzbeschreibung:
"Feuchtfröhliche Männerrunden, amouröse Abenteuer und der Porsche vor der Tür - Atze hat sein geliebtes Single-Leben im Griff.

Bis Ute in die Wohnung unter ihm einzieht. Ute, die Waldorf-Pädagogin und Vegetarierin. Die zu allem Überfluss auch noch schwanger ist.

Aber dann merkt er: Die Ute, die ist eigentlich schwer in Ordnung. Sogar attraktiv. Sein testosterongestähltes Herz klopft immer lauter, wenn er sie sieht. Das kann doch nicht gesund sein. Oder ist das etwa....LIEBE?"

Fazit:
Seit einigen Jahren kommen nach und nach alle Comedian auf den Gedanken, unbedingt ein Buch schreiben zu müssen - viele hätten es besser lassen sollen, denn oft ist der Anfang witzig und dann läuft sich jegliche Unterhaltung tot.
Und jetzt also auch Atze, das Essener Urgestein. Aber nicht einfach ein Buch soll es sein, ein unterhaltsamer Roman sollte es werden - und überraschenderweise ist es das auch geworden!

Atze spielt sich selbst und das kann er noch immer am besten! Atze, in dessen gewohntes Leben plötzlich Ute tritt - und alles durcheinander wirbelt. Kritik muss ich allerdings am Klappentext üben, denn bis Atze auf den Gedanken kommt, dass es Liebe sein könnte, ist ein Großteil des Buches bereits um - denn wer rechnet auch mit so etwas?
In gewohnter Atze-Manier begleiten wir den Sprücheklopfer durch sein Leben - unterhaltsam, spritzig, witzig - Atze live. Meine Befürchtung, dass die Handlung nur alibihalber da sei, damit er seine Witze unterbringen kann, war netterweise unbegründet, denn die Handlung ist zwar nicht sonderlich tiefschürfend - aber wer würde so etwas auch erwarten?

Dafür hat man beim Lesen jede Menge zu Schmunzeln, zu Lachen oder kann auch mal mit dem Kopf schütteln. Nicht so gut gefallen hat mir, dass er einige wohlbekannte und mittlerweile fast abgenutzte Gags unterbringen musste - darauf hätte ich gut verzichten können.

Alles in allem - gar nicht übel für einen Comedian ;-)

Donnerstag, 17. Oktober 2013

Martin Krist - Drecksspiel

Kurzbeschreibung:
"Eigentlich eine Schnapsidee von Philip, trotz ihrer Schulden Urlaub zu machen. Auch wenn Hannah einsieht, dass es guttut, mal aus Berlin rauszukommen. Doch der Wochenendtrip gerät zum Alptraum: Plötzlich findet sie sich gefesselt wieder, in der Gewalt eines Irren, der sich Zutritt zu ihrem Ferienhäuschen verschafft hat. Philip ist spurlos verschwunden. Und im Zimmer nebenan schläft Millie, Hannahs fünf Monate alte Tochter...
Während Hannah um Millies und ihr eigenes Leben bangt, nimmt David Gross einen neuen Auftrag an. Seit der Expolizist vor Jahren untertauchen musste, arbeitet er als diskreter Problemlöser. Diesmal ist es ein Entführungsfall, von dem die Öffentlichkeit möglichst nichts erfahren soll. David ermittelt fieberhaft, denn er ahnt: Das Leben des entführten Mädchens hängt an einem seidenen Faden."

Fazit:
Zu diesem Buch etwas zu schreiben ist gar nicht einmal so leicht. Nach den ersten Seiten fühlt man sich erst einmal erschlagen von der Vielzahl der Personen, die auftauchen und augenscheinlich gar nichts miteinander zu tun haben. Spannend allerdings ist es von Anfang an - aber auch rätselhaft... Mit jeder weiteren Seite ist es einfacher, die einzelnen Personen und Handlungsstränge auseinander zu halten, man hat aber noch immer nicht wirklich das Gefühl, zu ahnen, was sie miteinander verbindet...

Vielmehr habe ich mich während des Lesens wie auf einer Schnitzeljagd gefühlt - von Hinweis zu Hinweis, bis man meinte, ein weiteres Puzzlestück gefunden zu haben, weiter und immer weiter, fast atemlos, während Martin Krist einen mehr und mehr ins Spinnennetz seiner Spannung eingewoben hat.

All dies spielt in der sehr bildhaft geschilderten urbanen Landschaft Berlins - und nicht auf den schönen Seiten dieser Stadt...generell sollten Menschen, die schwach besaitet sind, sich mehrfach überlegen, ob sie das Buch lesen wollen, denn alles, wirklich alles was man liest, sieht man absolut real vor dem inneren Auge vorbeiziehen und damit meine ich nicht ausschließlich blutige Szenen - wer Probleme mit der Vorstellung von Schambehaarung an Drogentütchen hat...der sei gewarnt!

Mein einziger Kritikpunkt ist, dass einige Fragen offen bleiben, die sowohl die Vergangenheit als auch das Ende des Buches betreffen - das habe ich persönlich einfach nicht so gern. Ich mag es einfach lieber, wenn am Ende alles schön offen und abgeschlossen vor einem liegt.

Auch nach dem Lesen dieses Thrillers weiß ich noch, warum ich dem Erscheinungstermin so entgegen gefiebert habe - ganz klar ein Jahreshighlight und noch viel packender als "Die Mädchenwiese".

Nachtrag:
Da ich die Rezension schon veröffentlich habe, möchte ich den Text auch nicht mehr ändern, aber in diesem Fall gern einen Nachtrag anfügen:

Mein o. g. Kritikpunkt betraf die Vergangenheit und den Ausgang der Situation für eine Person: David Gross, den "Problemlöser". Da blieben Fragen offen, so wie ich es oben geschrieben hatte.
Aaaaber jetzt habe ich von Martin Krist die Information erhalten, dass dies genau so beabsichtigt war, denn: David Gross wird uns im nächsten Buch, dem Nachfolger von "Drecksspiel" wieder begegnen! Das freut mich umso mehr, da er eine tolle charismatische Person ist!

Deeanne Gist - Liebe wider Willen

Kurzbeschreibung:
"North Carolina, Ende des 19. Jahrhunderts: Die junge Tillie Reese arbeitet als Dienstmädchen in Biltmore House. Sie ist von dem Luxus fasziniert, der sie dort umgibt. Und von Mack Danvers, einem unangepassten jungen Mann aus den Bergen, der ebenfalls im Haushalt der Familie Vanderbilt arbeitet. Als Tillie den Auftrag bekommt, Mack Benehmen beizubringen, funkt es zwischen den beiden. Doch ist die junge Frau bereit, sich von ihrem Lebenstraum zu verabschieden, als Zofe von Edith Vanderbilt durch die ganze Welt zu reisen?"

Fazit:
Mit Tillie taucht der Leser direkt ein in das Dienstbotenleben Ende des 19. Jahrhunderts in Amerika, wodurch man viele interessante Dinge erfährt: Zum Beispiel, dass es in der Dienstbotenhierarchie Unterschiede zwischen den USA und England gab (in England war der Butler der oberste Dienstbote, in Amerika hatte die Hausdame das Sagen) oder dass das Hauspersonal nicht verheiratet sein durfte - wer heiratete konnte sich nur als Arbeiter in den Außenwirtschaften verdingen, sodass Tillie mit einem Problem zu kämpfen hat, das sich auch in der heutigen Zeit des öfteren stellt: Familie versus Karriere. So neu scheint diese Problematik gar nicht zu sein....

Mit Tillie und Mack hat Deeanne Gist sehr sympathische und auch authentische Charaktere geschaffen, die auf den ersten Blick sehr unterschiedlich sind: Tillie, die von klein auf von ihrer Mutter darauf getrimmt wurde, es einmal auf den Posten der Zofe zu schaffen (dies erinnerte mich wiederum an die überehrgeizigen Eltern der heutigen Zeit, deren Kinder Model, Sänger oder sonstwie berühmt werden müssen) und Mack, der in den Bergen aufgewachsen ist und seine Freiheit liebt. Doch mit der Zeit erkennen beide, dass ihre Wertvorstellungen so unterschiedlich gar nicht sind.

Die Handlung selbst ist größtenteils unterhaltsam und abwechslungsreich, leider schleichen sich in der Mitte des Buches einige recht belanglose Kapitel ein, die in dieser Form nicht hätten sein müssen - dennoch ist der Lesefluss wirklich gut und die Handlung schön strukturiert.

Natürlich ist bei einer derartigen Liebesgeschichte - von den üblichen Irrungen und Wirrungen abgesehen - mit nicht viel Überraschendem zu rechnen, dennoch eine schöne Lektüre für Liebhaber von Liebesromanen, die sich von der Handlung einfach treiben lassen und unterhalten werden wollen.

Freitag, 4. Oktober 2013

Elisabeth Büchle - Sturmwolken am Horizont

Kurzbeschreibung:
"St. Petersburg im Juli 1914: Anki van Campen hat sich in den jungen Arzt Robert Busch verliebt. Doch ihre zarte Romanze wird vom Beginn des Ersten Weltkriegs überschattet. In Berlin werden unterdessen die Lebensmittel knapp, die jüngeren Meindorff-Männer sind an der Front, der alte Patriarch krank. Demy van Campen versucht, gemeinsam mit den Angestellten den Haushalt zusammenzuhalten. Bald beginnt sie, heimatlose Kinder und andere Kriegsopfer aufzunehmen. Noch glauben alle, der Krieg sei bis Weihnachten vorbei. Doch das soll sich als bitterer Irrtum erweisen..."

Fazit:
"Sturmwolken am Horizont" ist der zweite Teil der Meindorff-Saga von Elisabeth Büchle. Nachdem mir der Beginn der Trilogie, "Himmel über fremdem Land" schon so gut gefallen hatte, habe ich natürlich freudig dem Erscheinungstermin der Fortsetzung entgegen geblickt.

Bei vielen Trilogien, und ich habe schon einige gelesen, ist der erste Teil wirklich fesselnd und mitreißend und ab dem zweiten Teil geht es stetig bergab.
Dies braucht der Leser bei "Sturmwolken am Horizont" wahrlich nicht zu befürchten.

Im ersten Teil lernte der Leser die einzelnen Charaktere und ihr Zusammentreffen erst kennen, in der Fortsetzung geht die Charakterisierung vieler Protagonisten mehr in die Tiefe, sodass man beim Lesen das Gefühl bekommt, die Person noch besser kennenzulernen. Vielschichtige Charakterisierungen finde ich immer sehr faszinierend und dieses beherrscht die Autorin scheinbar mühehlos, denn jede Person ist bis ins Detail "gezeichnet", sodass man meint, einem alten Bekannten zu begegnen, mit dem man schon eine Menge gemeinsam erlebt hat.

Lag der Schwerpunkt des ersten Teils in Berlin bei Demy van Campen, verlagert er sich in "Sturmwolken am Horizont" nach St. Petersburg zu Anki, die als Njanja = Kindermädchen bei der adligen Familie Chabenski arbeitet und hautnah die Auswirkungen des Krieges, aber auch die gesellschaftlichen Umwälzungen in Russland miterlebt.
Dennoch erfahren wir aber auch, wie es mit Demy in Berlin weitergeht und wer Demy kennt, weiß, da ist Trubel vorprogrammiert! Ebenso begleiten wir mehr oder weniger das Leben all der liebgewordenen Charaktere, wo auch immer es sie in dieser Zeit hinführt.

Neben dem Händchen für Charakterisierungen, was ich ja bereits oben erwähnte, hat mich, wie auch schon im ersten Teil, die genaue Recherche beeindruckt und die Umsetzung der damaligen Geschehnisse in der Handlung, die derart greifbar und lebensecht vor dem inneren Auge abläuft, dass man den Eindruck hat, selbst im Winter durch St. Petersburg zu laufen oder in den Gefechtsgräben in Frankreich zu liegen. Dies führt mitunter allerdings auch dazu, dass einem bei den Gräueln des Krieges eine Schaudern überläuft.

Die kurzen Kapitel und die Perspektivwechsel sorgen zusätzlich dafür, dass keine Langeweile aufkommt, auch wenn man an manchem Kapitelende denkt "Mist! Jetzt muss es zu Ende sein, ich möchte doch wissen, wie es weiter geht!" Dieser Gedanke allerdings hat sich auch nach der letzten Seite manifestiert und ich freue mich schon jetzt auf den dritten und letzten Teil, der im kommenden Frühjahr erscheinen wird.

Eine berührende, mitreißende, teilweise aber auch aufwühlende Familiensaga, die sich wahrlich nicht hinter Ihresgleichen zu verstecken braucht.

Donnerstag, 3. Oktober 2013

Mary Elizabeth Braddon - das Geheimnis der Lady Audley

Kurzbeschreibung:
"Ein Londoner Anwalt versucht, den Mord an seinem Freund aufzuklären, doch die wunderschöne Lady Audley will dies mit allen Mitteln verhindern. Schnell wird ihm klar, dass Lady Audley ein dunkles Geheimnis hütet. Um den Mörder seines Freundes finden zu können, muss er es lüften. Ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel beginnt zwischen dem jungen Mann und der mysteriösen Frau."

Fazit:
"Das Geheimnis der Lady Audley" von Mary Elizabeth Braddon erschien bereits 1862. Für diese Auflage wurde es von Anja Marschall übersetzt und sprachlich aufbereitet, sodass es auch in der heutigen Zeit lesbar ist. Und da hat Anja Marschall wirklich hervorragende Arbeit geleistet. Denn sie hat es geschafft, das viktorianische Flair und die Schönheit des damals verwendeten Sprachgebrauchs zu erhalten und den Leser so direkt in die viktorianische Ära zu entführen.

Anfangs liest sich das Buch wie ein Jane Austen - Roman, tragend, unterhaltsam - bis die Krimihandlung einsetzt dauert es ein wenig, dafür vertreibt die Autorin dem Leser die Zeit aber durch tiefgehende Charakterisierungen und intensive Landschaftbeschreibungen.

Mitunter machte es mir meine persönliche Ungeduld schwer, dem trägen männlichen Protagonisten zu vertrauen, dass er durch seine Ruhe und Beharrlichkeit schon des Lösungs Schlüssel finden würde - aber wir dürfen da getrost auf die Autorin vertrauen!
Eine ganze Zeit lang dachte ich, dass die Handlung offen vor dem Leser läge, doch auch da hat mich Mrs. Braddon eines Besseren belehrt.

Vollkommen zu recht hochgelobt von damaligen Zeitgenossen wie Charles Dickens, hat uns der Dryas-Verlag mit "Das Geheimnis der Lady Audley" einen wunderbar unterhaltsamen und spannenden Ausflug in die viktorianische Zeit beschert.

Christian Gailus - Dierk Gewesen und das Geheimnis von Glamour City

Kurzbeschreibung:
"Gerade erst hat Dierk Gewesen die Welt vor dem Untergang bewahrt, da kündigt sich neues Unheil an: Eine Wasserstoff-Blondine verdreht dem Hansestadt-Supercop den Kopf und teleportiert ihn in eine furchtbare Welt, in der die Typen Vokuhila tragen und die Mädels Schulterpolster-Sakkos. Noch dazu arbeitet Gewesens Mama in der Kirche, und seine Ex ist zur Nonne mutiert. Ein Albtraum ist Wirklichkeit geworden: Dierk Gewesen ist in den 80ern gestrandet!"

Fazit:
Ihr kennt Dierk Gewesen (noch) nicht? Dann seid gewarnt: Dierk muss man erstmal aushalten können!

"Dierk Gewesen und das Geheimnis von Glamour City" ist der zweite Teil um den Hamburger Kommissar, der in der "Abteilung zur holistischen Durchleuchtung extrem seltsamer Delikte" arbeitet und immer mal wieder die Welt retten muss. Und das Universum gönnt ihm auch keine Atempause!

Dierk Gewesen ist action pur! Das schlägt sich auch in Christian Gailus' Schreibstil nieder, der keine Langeweile aufkommen lässt. Zur zusätzlichen Kopfkino-Untermalung kommen auch schonmal untermalende Comic-Schriftzüge in der Handlung vor, die für zusätzliche Veranschaulichung sorgen.

Wer jetzt aber denkt, dass es sich bei Dierk Gewesen um anspruchslose Unterhaltung a la simple Actionfilme handelt, der irrt gewaltig. Denn die Handlung ist durchaus komplex und fordert dem Leser einiges an Denkvermögen ab, um den Entwicklungen und der Vielzahl der Multiversen folgen zu können.

Eine extrem lachmuskelfordernde Mischung aus "Der letzte Bulle", "Zurück in die Zukunft" und "Austin Powers"!