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Mittwoch, 15. Oktober 2014

[Rezension] Jo Baker - Im Hause Longbourn

Kurzbeschreibung:
""Wenn Elizabeth Bennet ihre Petticoats selbst waschen müsste", dachte Sarah, "würde sie bestimmt sorgfältiger mit ihnen umgehen." Es ist Waschtag auf Longbourn, und das Hausmädchen Sarah müht sich über Wäschebottichen und träumt dabei von einem anderen, aufregenderen Leben. Als der junge James auf dem Hof auftaucht, scheint er wie die Antwort auf ihre Stoßgebete - doch James hütet ein Geheimnis von großer Sprengkraft, das das Leben auf Longbourn für immer verändern könnte."

Fazit:
Zuerst hat mich an diesem Buch die Idee der Geschichte fasziniert. Wie sah das Leben der Dienstboten aus, während die Bennet-Töchter sich über Kleider, Mr. Bingley, Mr. Collins und Mr. Darcy Gedanken machten? In Jane Austens "Stolz und Vorurteil" sind die Bediensteten nicht viel mehr als praktische Heinzelmännchen, die sich ohne viel Aufhebens um alle Belange der Familie kümmern, oder, wie Sarah es beschreibt - manchmal wird sie unsichtbar. Und genau das ist ihr Problem - Sarah möchte nicht unsichtbar sein, sie möchte beachtet werden und erhofft sich von ihrem Leben soviel mehr als ihr Dienstboten-Dasein.

"Im Hause Longbourn" ist kein lautes Buch, das mit einem Knall dem Leser seine Geschichte entgegenschleudert - ganz im Gegenteil: auf leisen Sohlen umgarnt es den Leser, sodass dieser erst später merkt, dass er bereits völlig vereinnahmt wurde von Handlung und Personen.

Um "Im Hause Longbourn" zu lesen und zu verstehen, muss man keinesfalls Jane Austens "Stolz und Vorurteil" gelesen haben, aber ein besonderer Genuss ist es dennoch, weil man die Handlung rund um Elizabeth und ihre Schwestern dann wie eine Parallelgeschichte mit abspult, während man sich nicht im Salon, sondern in der Küche der Bennets befindet. Darüber hinaus wird jedes Kapitel mit einem Zitat aus "Stolz und Vorurteil" eingeleitet, das nicht nur anzeigt, wo in der Ur-Handlung man sich befindet, sondern der auch immer zum aktuellen Geschehen dieser Handlung paßt.

Ja, dieses Buch hat mich fasziniert - nicht nur wegen der Parallelen zu Jane Austen, sondern auch wegen des bewegenden Schreibstils der Autorin. Sie erweckt ihre Charaktere zum Leben und diese wachsen dem Leser unweigerlich ans Herz - man kann sich gar nicht dagegen wehren. Umso ergreifender sind dann die nur allzu realistischen Schicksalsschläge, die der eine oder die andere erleiden muss - mitfühlen ist beim Lesen unabwendbar inbegriffen.

Alles in allem habe ich das Buch sehr genossen und finde, dass Jo Baker ihre Idee, die an sich schon faszinierend ist, gekonnt umgesetzt hat.

Jo Baker
"Im Hause Longbourn"
ISBN: 978-3-8135-0616-7
erschienen im Knaus Verlag
€ 19,99

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