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Sonntag, 30. Juli 2017

[Rezension] Jan Kilman - Heldenflucht

Kurzbeschreibung:
"1918 - Deutschland nach dem großen Krieg... Das Land wird von Hungersnöten geplagt, die Daheimgebliebenen warten sehnsüchtig auf die Kriegsrückkehrer. In dieser düsteren Zeit begibt sich die Kriegsberichterstatterin Agnes Papen in die Eifel, in ihr Heimatdorf, das von den Wunden des Krieges heimgesucht wird, wie sich bald zeigt. Als die Bewohner einen stummen französischen Soldaten stellen, kommt eine Spirale der Gewalt in Gang. Menschen verschwinden spurlos, und in den Wäldern wird eine Leiche gefunden. Agnes beschließt, sich auf die Suche nach der Wahrheit zu machen..."

Fazit:
"Heldenflucht" ist der erste historische Roman aus der Feder des Autoren. Da er bisher Krimis und Thriller der Gegenwart geschrieben hat, hat er das Pseudonym gewählt, um seine Leserschaft nicht zu verwirren. Ich habe mich gefragt, ob es meine Meinung zum Buch beeinflusst hat, dass ich das weiß, aber ich bin mir sicher, dass meine Wahrnehmung ansonsten ebenso gewesen wäre.

Als erstes möchte ich festhalten, dass nach dem Lesen des Buches einmal mehr deutlich wird, dass man Klappentexten nicht immer trauen darf. Zuerst einmal ist das Dorf des Geschehens nicht Agnes' Heimatdorf, sie hat in ihrer Kindheit dort oft die Ferien bei ihrem Onkel verbracht. Weniger spitzfindig ist die Feststellung, dass Agnes sich mitnichten auf die "Suche nach der Wahrheit" macht. Dies impliziert, dass wir es hier mit einer Miss Marple oder einer Agatha Raisin zu tun bekommen. Richtig ist aber, dass sich Agnes ganz gegen Ende des Buches auf den Weg zu einem Bekannten macht, weil ihr etwas Ungereimtes aufgefallen ist. Weder sucht sie nach verschwundenen Personen, noch versucht sie, die Identität von Leichen zu klären...

Aber weg vom Klappentext, hin zum eigentlich Buch: Ich ziehe meinen Hut vor der Rechercheleistung des Autors! Denn dass er viel Zeit, Sorgfalt und Mühe auf die zeitliche und inhaltliche Authentizität verwandt hat, wird im ganzen Buch deutlich.

Allerdings führt wohl auch genau dieser Wille zur Authentizität dazu, dass es ins Übertriebene abdriftet. Nicht die immer wieder eingestreuten Briefe der Kriegsteilnehmer des Dorfes, die in den einzelnen Schlachten gefallen sind - diese erzeugen eine Menge Atmosphäre. Aber dass die Handvoll Rückkehrer derart viele ausgeprägte Kriegstraumata auf sich vereint, war nicht wirklich glaubwürdig.

Der eigentlichen Handlung um Agnes, Herrmann und den anderen fehlte es mitunter an Drive. Nicht, dass es langweilig wurde, aber man hatte in weiten Teilen den Eindruck, ein wenig auf der Stelle zu treten. Die einzelnen Handlungsstränge wirkten mitunter als nebeneinander laufend, statt zusammen, mir fehlte eine gewisse Homogenität, ein Zusammenspiel.

Auf den letzten 50 Seiten kommt dann der Thrillerautor durch, es geht hoch her im beschaulichen Dörfchen, mit greifbarer Spannung und Gänsehaut.

Insgesamt kann der Autor auch im historischen Bereich bestehen, es ist allerdings noch Luft nach oben.

Jan Kilman
"Heldenflucht"
ISBN: 978-3-453-43837-8
erschienen bei Heyne

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