Kurzbeschreibung:
"In Berlin wird Hauptkommissar Paul Kalkbrenner zu einem Tatort gerufen. Auf einem Fabrikgelände wurde der verstümmelte Leichnam einer jungen Frau entdeckt. Unweit davon befinden sich stinkende Kloakenbecken. Fassungslos müssen Kalkbrenner und seine Kollegin Sera Mut zusehen, wie eine Leiche nach der anderen aus den Gruben geholt wird. Ist unter ihnen auch die verschwundene Merle, die von ihrer Pflegemutter Juliane Kluge verzweifelt gesucht wird?"
Fazit:
"Engelsgleich" ist Kalkbrenners vierter Teil. Da die bisherigen Fälle ("Wut", "Gier", "Trieb") bisher nur als ebook veröffentlicht wurde (auch wenn ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben habe...), war dies mein erstes bewusstes Zusammentreffen mit dem Hauptkommissar, auch wenn er in "Mädchenwiese" kurz auftrat.
Ich bin ja bekannt dafür, ein Faible für psychisch kaputte Ermittler zu haben und dennoch ist Kalkbrenner mir sympathisch. Ja, sein Privatleben hat unter seinem Beruf gelitten und die vergangenen Dienstjahre mit all den menschlichen Schrecken haben ihre Spuren hinterlassen, dennoch hat er es geschafft, seine Antriebsfeder zu bewahren und nicht zu resignieren - da sieht man ihm gern nach, dass er ein bißchen spröde rüberkommt. Eine etwas aktivere Rolle hätte ich mir für seine Kollegin Sera Muth gewünscht, die ein geheimnisvolles Privatleben zu haben scheint, das aber immer nur angedeutet wurde - vielleicht gibt es ja in der Zukunft ein Buch mit ihr im Fokus?
Die Handlung beginnt für mich sehr Krist-Typisch, soll heißen, die ersten 50 Seiten verbringt man damit, Handlungsstränge und Protagonisten zu sortieren, bis man alles soweit im Überblick hat, dass einen die schnellen Perspektivenwechsel nicht mehr aus dem Konzept bringen - durch "Drecksspiel" hatte ich da schon Übung. Wer jetzt vermutet, dass dies ein Kritikpunkt für mich ist, der irrt. Ich mag die Herausforderung des Buches, das praktisch vom Leser verlangt, ihm Aufmerksamkeit zu widmen und nicht "einfach nur" zu lesen.
Auch das Gedankenspiel, zu dem der Verlauf der Handlung(en) unweigerlich führt, habe ich genossen. Man rätselt und überlegt, wie die einzelnen Situationen und Personen zusammenhängen könnten und wohin all dies führen wird.
Darüber hinaus wurde durch die Lektüre von "Engelsgleich" für mich auch "Drecksspiel" erst richtig rund - das versteht man aber erst im Nachhinein.
Martin Krist wird von der Presse regelmäßig als "der böse Bube" unter den deutschen Thrillerautoren bezeichnet. Dem möchte ich mich nicht anschließen, denn für mich ist er nicht böse, sondern einfach kompromisslos realistisch! Denn seine Szenarien könnten nicht nur genau so oder ähnlich hier vor unserer Haustür geschehen - sie tun es auch und genau das macht es so beängstigend und unter die Haut gehend, das Wissen, dass das die harte Realität ist, vor der wir meist verschont werden und die Augen verschließen können.
Natürlich geht es kaum je ohne jegliche Kritik und so hätte ich mir genau die Spannung, die einen die letzten hundert Seiten verschlingen lässt, auch ab und an vorher im Buch schon gewünscht, dort herrschte meist eher Neugier vor.
Zusammengenommen kann ich nur sagen, ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr auch wieder ein neues Buch von Martin Krist lesen dürfen - ob mit Kalkbrenner, Sera Muth, David Grosse oder sonstwem - vollkommen egal.
Martin Krist
"Engelsgleich"
ISBN: 978-3-548-28639-6
erschienen bei Ullstein
Tolle Rezension! Ich liebe die Thriller von Martin Krist sehr! Wenn du Sera Muth näher kennen lernen möchtest, solltest du "Kalte Haut" lesen, in diesem Buch erfährst du mehr über sie :) Ich bin ein großer Fan von Paul Kalkbrenner und hoffe, dass er uns noch lange erhalten bleibt :)
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Nina
Danke für den Tipp! Das ist dann direkt mal auf meiner Wunschliste gelandet!
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