Kurzbeschreibung:
"Kurz vor ihrem Tod schreibt Gisela Martin in einem Hospiz in Niederbayern mit Blut das Wort Glycinie auf ihre Bettdecke. In New York erhält der erfolgreiche Ermittler und Dozent Dr. Jens Hauser kryptische Nachrichten über zwielichtige Machenschaften in seiner Heimat und nimmt daraufhin einen Auftrag der bayerischen Regierung an.
Gemeinsam mit der gewieften Berliner Polizeipsychologin Dr. Lilian Kämmerer und seiner attraktiven New Yorker Assistentin Olivia untersucht Dr. Jens Hauser schon bald in Bayern ungeklärte Todesfälle der Nachkriegszeit mit modernen forensischen Methoden. Dem Team wird schnell klar, dass bestimmte Fälle mit Absicht vertuscht wurden. Eine Spur führt bis in Regierungskreise..."
Fazit:
Obwohl ich jetzt bereits knapp einen Tag darüber nachgedacht habe, komme ich immer noch zu keinem eindeutigen Ergebnis, wenn ich mich frage, ob mir das Buch jetzt gefallen hat oder nicht.
Definitiv fehl am Platz ist die Genrebezeichnung "Kriminalroman" auf dem Cover - nicht jeder Roman, der einen oder mehrere Tote beinhaltet, ist ein Krimi - hier haben wir es auf jeden Fall mit einem Roman zu tun - aber das ist ja per se nichts Negatives.
Positiv aufgefallen ist mir der angenehme Schreibstil, der auch einen gewissen sprachlichen Anspruch nicht vermissen lässt.
Ebenfalls viel Sorgfalt wurde auf die Charakterisierungen der Protagonisten verwandt und wer meine Rezensionen regelmäßig liest, weiß, dass man mich damit kriegen kann! Ich liebe es, wenn ein Autor die Personen seiner Handlung vor den Augen des Lesers bildhaft zum Leben erweckt und das ist Nicole Joens wirklich wunderbar gelungen.
Die Handlung selbst schwankt zwischen den Recherchen, die alle mit der Kindheit Hausers in Zusammenhang zu stehen scheinen und seinem Privatleben, wobei man unter Privatleben ausschließlich Frauen verstehen darf. Auch das kann man einem Protagonisten nicht wirklich ankreiden, wäre da nicht dieses pubertäre Verhalten: heute liebe ich die, morgen die und vielleicht wäre doch die Dritte die richtige Frau? Wir haben es hier übrigens mit einem Mittvierziger zu tun - dadurch, dass diesen mentalen Eskapaden soviel Raum gegeben wird, gibt es gerade im zweiten Drittel einige Längen.
Thematisch greift Nicole Joens einige heiße Eisen an: die Amigo-Wirtschaft in Bayern, Umweltsünden, die heimatvertriebenen Schlesier. Leider wird keines dieser Themen konsequent weiter verfolgt und zu einem handlungskongruenten Abschluß gebracht - irgendwo geht all dies verloren und wir sind wieder bei Hausers Eskapaden.
Auch das Verhalten der anderen Protagonisten ist nicht immer logisch nachvollziehbar, so wechselt Hausers Assistentin Olivia, die selbstverständlich seit Jahren hinter ihrem Chef und ehemaligen Professor her ist, ihre Strategie, heute will sie geduldig sein, morgen will sie offensiv vorgehen und übermorgen ist sie Zen - darüber hinaus werden Andeutungen bezüglich ihrer Tätigkeit und ihres Lebenslaufs in den Raum gestellt, die dann ebenfalls in keinster Weise erklärt werden.
All dies zusammen führt dazu, dass ich nicht sagen kann, dass mir das Buch gefallen hat - aber es ist auch nicht so, dass ich es gar nicht mochte - also ende ich zusammengenommen bei "ein tolle Schreibstil und bildhaft charakterisierte Protagonisten mit leider verbesserungswürdiger Handlung und fehlender Kontinuität in Thematik und Lebensläufen".
Nicole Joens
"Glycinienmord"
ISBN: 978-3-944251-19-6
erschienen bei Cindigo
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