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Montag, 22. April 2013

Elisabeth Büchle - Himmel über fremdem Land

Kurzbeschreibung:
"Am Vorabend des Ersten Weltkrieges geht die Niederländerin Tilla van Campen eine arrangierte Ehe mit einem Berliner Industriellen ein. Ihre 13-jährige Schwester Demy begleitet sie nur widerwillig in die Großstadt. Für das lebhafte Mädchen ist der steife Lebensstil der Familie Meindorff und die strenge Erziehung durch eine Gouvernante die reinste Folter. Die Kluft zwischen Arm und Reich und der Standesdünkel vertragen sich nichtm it Demys ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn. Immer wieder eckt sie an. Nur Hannes, der sympathische jüngste Sohn des Hauses, scheint ihr wohlgesonnen. Doch dann beginnt sich die politische Lage zuzuspitzen..."

Fazit:
Ich lese nicht viele Romane, habe aber eine ausgeprägte Schwäche für historische Familiensagas. Befindet sich deren erster Teil dann noch in einem derart schönen Umschlag, kann ich nicht widerstehen!

Demy, unsere weibliche Hauptprotagonistin, ist gerade 13 Jahre alt, ohne Mutter aufgewachsen und soll jetzt ihre ältere Schwester als Gesellschafterin ins ferne Berlin begleiten. Demy, die frei und ungebunden am Meer aufwuchs, sieht keine Möglichkeit, dem zu entgehen. Aber ihr Start in Berlin ist holperig, sie ist die steifen Umgangsformen nicht gewöhnt und fällt innerhalb der Familie Meindorff immer wieder negativ auf. Ein bißchen wohler fühlt sie sich in Berlin, als sie in Lieselotte, einem einfachen Arbeitermädchen, eine Freundin findet.

Neben Demy gibt es noch weitere bemerkenswerte Charaktere in Geschichte: Tilla, die große Schwester, die sich ihr Leben an der Seite eines Mannes der höheren Gesellschaft sich anders vorgestellt hat; Lieselotte, deren Wissensdurst in den engen Grenzen der Arbeiterschicht erdrückt zu werden scheint, bis sie Kontakt zu den Frauenrechtlerinnen findet; Hannes, der ein sonniges Gemüt sein eigen nennt, das Leben auf die leichte Schulter nimmt und dabei versucht, möglichst nicht mit seinem despotischen Vater aneinander zu geraten; Philippe, der von den Meindorffs aufgenommen und erzogen wurde, der das prädestinierte schwarze Schaf darstellt, da kaum jemand erkennt, welcher Scharfsinn in ihm steckt und wieviel Gefühl er zu verbergen versucht...

Neben den sehr greifbar charakterisierten Personen und bildhaft beschriebenen Schauplätzen (neben Berlin auch St. Petersburg und Deutsch-Südwestafrika), finde ich die ausgiebig recherchierten historischen Zusammenhänge und deren Einbettung in die Handlung sehr bemerkenswert - abgesehen von den Werken Ken Folletts, habe ich dies in dieser Ausführlichkeit und gekonnten Verknüpfung mit der Handlung noch kaum irgendwo gelesen.

Wer nun aber glaubt, im Geschichtsunterricht zu landen, der sei beruhigt: "Himmel über fremdem Land" ist eine unterhaltsame, beängstigende, mitreißende, heitere und traurige Reise an der Seite der Protagonisten in das Jahr 1908.

Ich jedenfalls freue mich auf den zweiten Teil, der im September erscheinen wird.

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