Seiten

Montag, 30. Juli 2012

Alexandra Tobor - sitzen vier Polen im Auto

Kurzbeschreibung:
Als die achtjährige Alexandra 1989 mit ihrer Familie im polnischen Fiat nach Deutschland flieht, kennt sie das verheißungsvolle Land im Westen nur aus dem Quelle-Katalog ihrer Oma. Hinter der Grenze warten paradiesische Verhältnisse, aber auch viele ungelöste Rätsel: Wie kommt es, dass alle Städte "Ausfahrt" heißen? Was bringt deutsche Frauen dazu, freiwillig Hosen zu tragen? Und warum haben Wurstscheiben ein Bärengesicht?

Über die Autorin:
Alexandra Tobor, geboren 1981, verbrachte ihre ersten acht Lebensjahre in Polen, bevor sie mit ihrer Familie nach Deutschland aussiedelte. Vor dem Studium der Soziologie und Kunstgeschichte schrieb sie Plattenkritiken, arbeitete als Kunstbetreuerin und in der Redaktion von Viva Polska in Köln.

Aktuell bietet sie auf ihrem Blog ein "betreutes Lesen" für uns ahnungslose deutsche Leser an, bei dem einige polnische Besonderheiten näher erklärt werden.

Fazit:
Das Buch wird aus der Sicht der anfangs sechsjährigen Ola erzählt, die eigentlich Alexandra heißt und mit ihren Eltern und später ihrem kleinen Bruder und natürlich mit Oma Greta zusammen in Polen wohnen. Als Ola ein goldfarbener Quelle-Katalog in die Hände fällt, wähnt sie sich im Paradies und beschließt, mehr über dieses Land, das BRD heißt, in Erfahrung zu bringen, wo Haribos an Bäumen wachsen.
Als die Familie dann später tatsächlich in dieses gelobte Land aufbricht, merkt nicht nur Ola, dass sich die Menschen doch in einigem unterscheiden, was mal heiter und mal eher traurig ist. Auch ist der Start in ein neues Leben nicht immer einfach, so werden hier, obwohl es sich um ein heiteres Buch handelt, auch Problemthemen wie Ausgrenzung in der Schule, Sprachprobleme, Mentalitätsunterschiede und lange Wohnungs- und Arbeitssuche nicht unterschlagen.

Da die Geschichte aber aus Sicht eines Kindes geschrieben ist, das andere Prioritäten und Gewichtungen hat, und manchmal Dinge einfach auch nicht oder anders versteht, kommt man bei diesem Buch nicht darum herum, vor Lachen loszuprusten, so z. B. wenn Ola erzählt, dass es eine Explosion in der Ukraine gab und jetzt "Wolken mit aktiven Radios" unterwegs sind - warum die Kinder davor geschützt werden sollen, in dem man ihnen eklige Jodflüssigkeit zu trinken gibt, ist ihr aber nicht klar.

Herausragend auch ganz klar die Figur der Oma Greta, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt und auch kein Blatt vor den Mund nimmt und so mehr als einmal zu Heiterkeitsausbrüchen meinerseits beigetragen hat.

Der Schreibstil ist gut verständlich und mit einer gehörigen Prise hintergründigem Sarkasmus gewürzt, wodurch dem Leser zwar immer wieder vor Augen geführt wird, dass nicht alles "heile Welt" ist, aber man dennoch nicht deprimiert wird, sondern eher Respekt vor dieser polnischen Familie bekommt, die sich durch nichts unterkriegen lässt.

Eine wunderbar unterhaltende Lektüre, die einem aber auch Mentalitätsunterschiede vor Augen führt - ich freue mich auf die angekündigte Fortsetzung!

1 Kommentar: